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Das eindrucksvollste Bild ist sicher die Badewanne. Wenn man nicht will, dass sie überläuft, muss man den Hahn zudrehen. Denn selbst, wenn man das Wasser nur tröpfeln lässt, wird die Wanne sehr bald überlaufen.

Das heißt: Wenn du etwas verändern willst, wenn du die Erderwärmung stoppen willst, wenn dein Ziel die Null-Emission ist, kannst du es nicht halb verändern, oder ein bisschen verändern, sondern, du musst konsequent handeln – und musst den Hahn komplett zudrehen. Das ist die Botschaft von „Wie wir die Klimakatastrophe verhindern“ von Bill Gates. Es braucht Konsequenz und es braucht Innovationskraft bei der Bekämpfung des Klimawandels.

Und das ist gleichermaßen herausfordernd wie inspirierend. 

Weil Gates nicht nur deutlich macht, warum wir den Hahn zudrehen müssen, sondern auch, was wir stattdessen tun sollten. Den Klimaaktivisten wird ja oft vorgeworfen, sie würden nur moralisch argumentieren, so wollten Menschen und Unternehmen gängeln, würden Horror-Szenarien entwerfen, würden komplett übertreiben mit ihrer Furcht, die Erde werde unbewohnbar. Bill Gates macht das alles in gewisser Weise auch. Aber, und das ist der entscheidende Punkt:

Er sagt es aus Sicht des Unternehmers, er argumentiert pragmatisch, zielstrebig und lösungsorientiert. Und das macht sein Buch so beeindruckend. Dass eine Herausforderung wie der Klimawandel aus einer unternehmerischen Perspektive betrachtet wird. Und mit jenem unternehmerischen Selbstverständnis, wonach man sagt:

Es gibt ein Problemok, verstanden, dann suchen wir nach Lösungen, nach den besten Lösungen. 

Damit schlägt Bill Gates einen neuen Ton an: Es ist eben nicht ein aufopferungsvolles und moralisches: „Wir müssen jetzt endlich mal etwas tun“. Sondern vielmehr ein:

„Wir wollen etwas tun!“

„Wir werden etwas tun!“

„Lasst uns gemeinsam diese riesige Herausforderung meistern!“

Und das ist sehr befreiend. Das ist ein neuer Sound in den Büchern zum Klimawandel. Es ist eben nicht nur eine dramatische Analyse, nicht nur Appell an Appell. Sondern gleichermaßen Aufforderung wie Anleitung. Gleichermaßen analytisch wie mutmachend. Auch aus diesem Grund, ist es aus meiner Sicht die absolut richtige Entscheidung der Jury, das Buch von Bill Gates als „Unternehmerbuch des Jahres“ auszuzeichnen.

Und für mich ist es eine sehr große Ehre, diesen Preis, wenn schon nicht direkt zu überreichen, so doch den Preisträger zu ehren. Es freut mich sehr, dass sie mit dem Unternehmerbuch des Jahres“ eine neue Tradition begründet haben. Und dieses Buch ist im besten Sinne unternehmerisch. Das Buch zeigt auf jeder Seite, was gutes Unternehmertum ausmacht. Was Unternehmertum jenseits des ökonomischen Erfolgs bedeutet.

Unternehmer:innen gehen voran haben einen klaren Kompass, einen klaren Blick, entwickeln, erfinden, tüfteln an Lösungen, die die Gesellschaft auf eine neue Stufe heben, die eine neue Zeit einleiten.

Gute Unternehmer:innen haben zudem – und das ist entscheidend – ein hohes Verantwortungsgefühl. Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeiter:innen, gegenüber ihrem Umfeld – und eben auch gegenüber der Welt, in der sie leben.

Es ist ihnen eben nicht egal. Und es ist eben auch Bill Gates nicht egal. Das zeigt schon seine jahrelange Arbeit für die Gates Foundation. Ihm ist nicht egal, dass Millionen Menschen keinen Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung haben. Ihm ist nicht egal, dass Kinder in ärmeren Ländern an harmlosen Infekten sterben, bei denen in reicheren Ländern ein Gang in die Apotheke reicht. Und ihm ist eben nicht egal, wenn in Ländern wie Bangladesch wegen klimabedingter Sturmfluten 20 bis 30 Prozent des Landes die meiste Zeit überschwemmt sind, wodurch Häuser und Ernten vernichtet werden. Von außen betrachtet scheint Gates ein fast schon trotziges Verhalten entwickelt zu haben, Ungerechtigkeiten und Mängel auf der Welt nicht hinnehmen zu wollen.

Er übernimmt Verantwortung, nutzt seinen Bekanntheitsgrad, nutzt, dass er gehört wird, nutzt seinen globalen Einfluss, um Politik und Wirtschaft zu überzeugen. Etwas Besseres konnte dem Kampf gegen den Klimawandel nicht passieren.

Denn in seinem Buch zur Klimakatastrophe macht er das drohende Szenario sehr konkret. Dass die Produktion von Strom, Stahl, Zement, Kunststoffen, dass die jährlich 51 Milliarden Tonnen CO2-Ausstoß, dass unsere ganze Lebensweise, unserem Planeten massiven Schaden zufügt.

Was das Buch jedoch von anderen Büchern unterscheidet, ist sein Optimismus. Ein Optimismus, der sich auf Unternehmergeist und Wissen begründet. Das Wissen darum, welche Kraft in Technologie stecken kann. Die Gewissheit, dass ein Problem – und sei es ein globales Problem – immer auch der Ausgangspunkt für Innovation ist. Das ist Unternehmertum im besten Sinne des Wortes. Nicht anklagend, sondern anpackend.

Bill Gates selbst sagt, die Bekämpfung des Klimawandels müsse „das Beeindruckendste werden, was die Menschheit je vollbracht hat“. Allein dieser eine Satz, setzt so viel Energie und Motivation frei.

Doch trotz der visionären Kraft, ist das Buch sehr realitätsnah. Bill Gates beschönigt nichts. Er lässt nichts unter den Tisch fallen.Oh, nein, er schont uns Leser nicht. Er berichtet davon, dass Ökosysteme wie Korallenriffe und die Arktis verschwinden werden. Dass in Texas oder Mexiko bald kein Getreide oder Mais mehr angebaut werden können. Dass sich die Zahl der Waldbrände in Kalifornien seit den 1970er Jahren verfünffacht hat, dass sich in einer „wärmeren“ Welt aggressive Krankheitsüberträger wie Moskitos in neuen Lebensräumen ausbreiten und Krankheiten wie Malaria verbreiten, dass der Hitzschlag in weiten Teilen der Welt eine der häufigsten Todesursachen werden wird, dass der Klimawandel in der Mitte des Jahrhunderts so tödlich sein wird wie die COVID-19-Pandemie.

Aber, und das ist das Beeindruckende: Er denkt in Lösungen. Und er denkt groß. In großen Zusammenhängen und großen Lösungen. So sollten wir Geld nicht einfach dafür einsetzen, um den Energieverbrauch um beispielsweise 15 Prozent zu senken. Nein, so sagt Gates: „Wir müssen in Innovationen investieren, die wirklich etwas verändern werden.“

Wie das geht, dafür ist er selbst immer das beste Beispiel: Das haben wir im Verlauf der Corona-Pandemie gesehen. Es gab auch deshalb so schnell einen Impfstoff gegen COVID-19, weil eine Reihe von Unternehmer:innen wie eben auch Bill Gates, nicht nur an die Entwicklung der mRNA-Technologie geglaubt haben, sondern diese über Jahre hinweg auch finanziell unterstützt haben.

Überhaupt machen die vergangenen zwei Jahre großen Mut. Weil uns die Pandemie dazu gebracht hat, schneller und innovativer zu reagieren – weil so viele Menschen weltweit geholfen haben, die befürchteten Worst-Case-Szenarien zu vermeiden. Und wenn Corona so etwas wie der Beginn eines neuen Zeitalters der globalen Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich war, ist es nicht ausgeschlossen, dass uns bei der Bekämpfung des Klimawandels eine vergleichbare globale Zusammenarbeit gelingen kann.

Dazu braucht es eine klare Botschaft sowie den Optimismus, sich nicht mit der Realität abzufinden, sondern sie konstruktiv zu verändern. All das bietet das Buch von Bill Gates.

Man kann das Buch als Handbuch lesen, den globalen Klimawandel zu stoppen. Den Hahn zuzudrehen. Zumal er keine Ebene auslässt. Er zeigt, wie wir alle zu den Lösungen beitragen können, durch politische Maßnahmen, durch das Handeln von Unternehmen und durch unser persönliches Konsumverhalten. Er fordert Investitionen in klimafreundliche Technologien, eine hohe Bepreisung des C02-Ausstosses – und eben couragierte Unternehmer:innen und Manager:innen, die jetzt mutige Entscheidungen treffen. Wie mutig diese sein müssen, steht in diesem Buch! Im „Unternehmerbuch des Jahres““

Herzlichen Glückwunsch an die Jury zu dieser Entscheidung!
Und natürlich herzlichen Glückwunsch an den Preisträger!

Herzlichen Glückwunsch, Bill Gates!

Diesen Artikel habe ich zuerst im Handelsblatt veröffentlicht.