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Heute wird darüber entschieden, wann und ob der Digitalpakt kommt.

Mal wieder.

Für mich ist das machtpolitische Gehabe mit dem dieses für Deutschland so wichtige Zukunftspaket verhandelt wird unerträglich. Es geht um die Zukunft unserer Kinder, unserer Bildung, unseres Arbeitsmarkts und unserer Gesellschaft und wir sollten bereit sein über alle Schatten zu springen, die sich uns in den Weg stellen. Das Gegenteil ist der Fall. Wir nehmen jedes kleinste Hindernis dankenswert zum Anlass es zu einer großen Straßenblockade auszubauen. Weil es unseren Politikern nicht um die Sache, sondern den eigenen Wirkungskreis und das eigene Ego geht.

Aber hier erstmal ein Überblick über die Fakten, damit wir diese danach leidenschaftlich diskutieren können:

Ex-Bildungsministerin Wanka hat den Digitalpakt im Oktober 2016 zum ersten Mal ausgelobt, da stand er aber leider nicht im Bundeshaushalt und war damit erstmal nur eine Ankündigung. Dann entschied die GroKo vor 1 Jahr, dass der Digitalpakt nun wirklich kommen solle, es dafür aber eine Grundgesetzänderung brauche. (Persönliche Randnotiz: Der Digitalpakt hätte auch ohne Grundgesetzänderung in Kraft treten können. Wie beim Gute-Kita-Gesetz auch, wäre z.B. eine Finanzierung über die Umsatzsteuer denkbar gewesen. Aber man entschied sich für die Grundgesetzänderung ohne eine Mehrheit dafür im Bundestag zu haben.)

Nachdem eben diese Grundgesetzänderung nun im Bundestag beschlossen wurde, blockierten alle 16 Ministerpräsidenten die Grundgesetzänderung im Bundesrat. Das hat unterschiedliche Gründe: 5 der 16 Ministerpräsidenten waren grundsätzlich gegen die Grundgesetzänderung und hatten dieses auch schon im Vorfeld der Abstimmung lautstark kundgetan. (Emotionale Randnotiz: Dass 4 davon CDU-Ministerpräsidenten sind, deren Parteikollegen den Digitalpakt in den Koalitionsvertrag der GroKo schrieben, muss man nicht verstehen). Die anderen 11 Ministerpräsidenten waren plötzlich auch dagegen, weil kurz vor der Abstimmung ein sogenanntes Zusätzlichkeits-Kriterium in das Gesetzespaket hineinverhandelt wurde. Es besagt, dass Finanzhilfen des Bundes, die ab 2020 in Kraft treten, in mindestens gleicher Höhe mit Investitionen des jeweiligen Bundeslandes ergänzt werden müssen. Vereinfacht gesagt: Für jeden Euro vom Bund muss das Land ab 2020 einen dazugeben. Er soll verhindern, dass die Länder das Geld vom Bund nehmen und dafür ihre eigenen Bemühungen zurückfahren – wie es in der Vergangenheit wohl immer wieder vorgekommen sei. Für den Digitalpakt Schule würde der Zusätzlichkeits-Passus nicht gelten. An diesem würden sich der Bund zu 90 und die Länder zu zehn Prozent beteiligen. (Hochemotionale Randnotiz: Wie kann man eine solche Änderung kurz vor der Abstimmung einbringen und damit das große Ganze gefährden, wenn man dieses auch schon vor 6 Monaten hätte machen oder komplett lassen können. Es ist mir ein Rätsel).

Um aus diesem Patt herauszukommen rufen nun heute die Länder den Vermittlungsausschuss an, das Kompromissgremium von Bundestag und Bundesrat. Der soll nun klären wie es weiter geht.

Soweit die Fakten.

Jetzt zu meinen Emotionen.

Ich bin sprachlos.

Und fassungslos wie unsere Politiker die Zukunft unseres Landes verdaddeln.

Die Leidtragenden sind die Kinder an Deutschlands Schulen, unsere Kinder, die im Vergleich zu Schülerinnen und Schülern anderer Nationen schon jetzt abgehängt sind und weiter abgehängt werden.

Was wir dringend flächendeckend an unseren Schulen brauchen ist das Einbinden von digitalen Geräten in den Unterricht. Und zwar nicht als Spielerei oder weil Digitalisierung gerade in aller Munde ist, sondern weil es unser Anspruch an unser Bildungssystem sein muss, dass wir unsere Kinder zu mündigen Bürgern der Zukunft ausbilden. Und dazu gehört es, dass wir ihnen neben vielen anderen wichtigen Dingen wie Lesen, Schreiben und Rechnen den Umgang mit digitalen Geräten, Inhalten und Werkzeugen beibringen. Denn das wird ein wichtiger Teil des Handwerkszeugs sein, welches sie in Zukunft brauchen. Unsere Welt wird zunehmend digitaler, Technologie bestimmt mehr und mehr unser Leben und die Schulen müssen sich dieser Lebensrealität stellen und unsere Kinder für ihr Leben und Arbeiten im digitalen Zeitalter ausbilden. Dass wir diese Forderung im Jahr 2018 überhaupt noch stellen müssen ist bereits das größte Armutszeugnis für unser Land. Doch statt jetzt alles in unserer Macht stehende zu tun, um den Abstand zu anderen Ländern und der Lebensrealität unserer Kinder nicht noch größer werden zu lassen, suhlen wir uns in Grabenkämpfen rund um Grundgesetzänderungen, Zusätzlichkeits-Kriterien, Vermittlungsausschüssen und Egos.

Deutschland, ich verstehe dich nicht.

Warum hat die GroKo überhaupt die Grundgesetzänderung zur Bedingung für die Ausschüttung des Digitalpakts gemacht?

Warum hat Bundesbildungsministerin Karliczek nicht viel früher damit angefangen, die Ministerpräsidenten und Länder einzubinden und ihren Protest vorherzusehen und abzuwenden?

Warum fügt man kurz vor einer eh schon strittigen Abstimmung noch ein Zusätzlichkeits-Kriterium ein, statt jetzt erstmal den Digitalpakt zum Leben zu erwecken?

Und warum ist es unseren Politikern nicht peinlich was da gerade passiert? Wie kann es sein, dass sie sich mit ihrer Blockade stolz in der Zeitung präsentieren und sich Bund und Länder gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben.

Ich verstehe es nicht.

Und deswegen kommt hier heute mein leidenschaftlicher Appell, dass sich endlich etwas bewegt in diesem Land, in der Hoffnung dass er bis in den Vermittlungsausschuss schallt:

Wir brauchen einen dauerhaften Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen, um das deutsche Bildungssystem endlich ins digitale Zeitalter zu überführen. Der Digitalpakt kann dafür einen wesentlichen Beitrag leisten. Gleichzeitig muss allen klar sein, dass Digitalisierung an Schulen eine Daueraufgabe ist und weit über eine einmalige Anschubfinanzierung hinausgeht. Länder und Kommunen benötigen dringend die dauerhafte finanzielle Unterstützung des Bundes, etwa um marode Schulen zu sanieren und deren digitale Ausstattung zu ermöglichen. Aber der Digitalpakt ist ein Anfang und dieser Anfang muss jetzt gemacht werden.

Wir brauchen Politiker, die Lust haben die Zukunft unseres Landes zu gestalten, jenseits ihrer Posten und Positionen. Und die sich vor mangelnder Zukunftsfähigkeit mehr fürchten als vor ihrem eigenen Machtverlust.

Und wir brauchen eine breite Öffentlichkeit, der es nicht egal ist, dass wir im Bildungsbereich gerade unsere Zukunft verspielen. Die nicht länger bereit ist zuzusehen, wie wir unseren Kindern die Chance nehmen, Gestalter der Welt von morgen zu werden.

Ich freue mich daher sehr, dass der Digitalverband Bitkom ebenfalls leidenschaftlich für das Thema Digitalpakt kämpft und heute eine Petition „Digitalpakt JETZT“ live gestellt hat, die ich zusammen mit vielen anderen Unternehmen und Bildungsorganisationen unterschrieben habe.

Bildung ist die wertvollste Ressource unseres Landes. Deutschland muss als rohstoffarmes Land seinen Reichtum in den Köpfen seiner Menschen suchen. Hoffen wir, dass unsere Politiker heute verstehen, dass die Zukunftsfähigkeit unserer Schulen die Kernvoraussetzung dafür ist, dass wir diesen Reichtum in Zukunft noch finden.